Wissenschaftlicher Newsticker August 2016

Competence in Mobility III Modulare Produktionssysteme für Elektrofahrzeuge

August 2016 Die Verwendung elektrischer Antriebsstränge in zukünftigen automobilen Anwendungen führt durch das systematische Überdenken der Gesamtsystemarchitektur des Automobils zu einer völlig neuen Herangehensweise an die funktionalen Baugruppen. Der verbrennungsmotorische Antriebsstrang war ein wesentlicher Bestandteil für die jahrzehntelange Entwicklung der derzeitig geläufigen automobilen Gesamtsystemarchitektur und den daraus abgeleiteten Produktionssystemen. Schon hier ist ein deutlicher Trend der Modularisierung von Baugruppen ersichtlich und wird konsequent weiterentwickelt. Durch die Implementierung elektrischer Antriebssträngen ergeben sich neue Gestaltungsmöglichkeiten für die Konstruktion der Gesamtsystemarchitektur des Automobils, aber auch neue Herausforderungen im Produktentstehungsprozess. Die verstärkte Implementierung von Modulbaugruppen von Systemlieferanten (Batteriemodul, Antriebsmodul,) führt zu einer weiteren Verringerung der Eigenfertigungstiefe. Die Planung und Beherrschung der Produktions- und Montagesysteme und damit einhergehend das Herausarbeiten von Alleinstellungsmerkmalen als die verbleibende Kern-Kompetenz im Produktentstehungsprozess rückt dabei zwangsläufig in den Fokus wirtschaftlicher Betrachtungen. Die Sicherstellung hochflexibler und kundenspezifischer Montageabläufe durch bisherig angewandte Anordnungsverfahren im Produktionssystem stößt dabei verstärkt an funktionale Grenzen, welche thematisiert und überwunden werden müssen.
Im Mai 2016 starteten die Arbeiten zum Verbundprojekt Competence in Mobility (CoMo) III. Das IAF verantwortet hierin das Teilprojekt Gesamtfahrzeug und ist federführend bei der Konzeption und Realisierung der zu beforschenden elektrisch angetriebenen automobilen Funktionsmuster. Forschungsziel des IAF ist, die Analyse, Gestaltung und Organisation von Produktionssystemen hochmodularisierter Elektrofahrzeuge. Die Arbeiten erfolgen innerhalb der institutsübergreifenden Forschergruppe für Elektromobilität „Editha“.
Im Como III-Vorprojekt „Editha 3.0“ wurde ein automobiles Funktionsmuster als  Versuchsplattform für die Beforschung des elektrischen Antriebs mittels Radnabenmotoren entwickelt. Die Umsetzung von Editha 3.0 erfolgte unter konsequenter Abstimmung aus konstruktiver und produktionstechnischer Sicht. Basierend auf den aufgebauten Kompetenzen bereits realisierter Elektrofahrzeugfunktionsmustern war die stringente Entwicklung und Implementierung von skalierbaren Plug & Play Modullösungen für die Baugruppen des elektrischen Antriebsstrangs das Entwicklungsziel.

Durchführung und Ziel des Forschungsvorhabens CoMo III

Zur Verifizierung der Auswirkungen auf die Produktions- und Montagesysteme sowie zur Erhebung der funktionalen Grenzen bisher angewandter Anordnungsverfahren werden den Forschungstätigkeiten die erarbeiteten Ergebnisse elektromobiler Forschungsvorhaben (Elektroauto Editha 1.0, COMOI+II, ELISA - Modulare Leichtbaukomponenten für periphere E-Mobilitätssystemlösungen, Bau eines Funktionsträgers für Radnabenantriebe "Editha 3.0") zugrunde gelegt und systematisch durch die bei der Umsetzung eines weiteren realen automobilen Funktionsmuster gewonnenen Erkenntnisse innerhalb CoMo III ergänzt. Ziel des Editha Teams ist es, den Entwicklungsansätzen des Purpose Designs zu folgen und somit auch die zukünftige automobile Gesamtsystemarchitektur zu beurteilen und bewerten zu können.

Entgegen den Umbauten auf einen elektrischen Antrieb bei denen die Systemarchitektur des elektrischen Antriebsstrangs (Komponenten, Konfektionierung und Layout) an die Fahrzeugarchitektur angepasst wird, wird bei dem Purpose Design die Systemarchitektur des elektrischen Antriebsstrangs priorisiert und die Fahrzeugarchitektur angepasst bzw. ein bestmögliches Fahrzeugkonzept zugrunde gelegt. Dies ermöglicht dem Editha Team eine Entwicklung unter geringeren konstruktiven Zwängen, wodurch das Forschungsziel von modularen skalierbaren Plug & Play Baugruppen stringent verfolgt werden kann.

Seitens des Editha Teams wird angestrebt, die Umsetzung des automobilen Funktionsmusters im Verbundprojekt CoMo III mit einer hohen Eigenfertigungstiefe durchzuführen. Basierend auf den aufgebauten Kompetenzen zur Gestaltung und Konfektionierung des elektrischen Antriebsstrang und dessen Komponenten erfolgt die Realisierung des Funktionsmuster mit Fokus auf den Aspekten der Reichweitensicherheit, Alltagtauglichkeit und Nachhaltigkeit. Dabei soll herauskristallisiert werden, inwieweit und in welchem Umfang Kern-Kompetenzen für zukünftige automobile E-Mobilitätsprojekte realisierbar sind und wie diese durch organisatorische Modelle und Strategien im Produktionssystem gestützt werden. Die aus den Forschungstätigkeiten resultierenden Ergebnisse ermöglichen eine Handlungsgrundlage zur Organisation und Strukturierung E-Mobiler-Produktionssysteme und zur Befähigung von wirtschaftlichen Alleinstellungsmerkmalen.

Bild1 Abbildung1: Herausforderungen und Ergebnisse E-Mobiler Produktionssysteme

 

Vorprojektes "Editha 3.0"

Zielsetzung des Vorprojektes "Editha 3.0" war es, ein elektrifiziertes, mit Radnabenmotoren angetriebenes und straßenzugelassenes Fahrzeug auf der Basis vorhandener Fahrzeugkonzepte zu konzipieren und technisch zu realisieren. Um das Entwicklungsrisiko des Projektes zu begrenzen, legte das IAF fest, sich bei dem ersten Funktionsmuster für Radnabenmotoren auf das Fahrzeugkonzept eines Smart 450 zu konzentrieren. Hierbei konnte auf die vorhandene Kompetenzen aufgebaut und verstärkt in Richtung Modularität der Bauteile entwickelt werden. Wichtige Kriterien innerhalb der Konzeption waren: Alleinstellungsmerkmal des Gesamtfahrzeugs, weitestgehend möglich die Verwendung von Standardbauteilen, Realisierung von Plug & Play Lösungen, geringe Kosten und ein geringes Gewicht des elektrischen Antriebsstrangs. Insbesondere das HV-Batteriemodul sollte die größtmögliche Kapazität unter Berücksichtigung der Kriterien: Einfache und „AuS“ gerechte Montage, schnelle und einfache Austauschbarkeit einzelner Batteriezellen sowie Erfüllung der elektrischen Parameter unter den gegebenem Bauraum darstellen.

Die frühe Einbindung der DEKRA e.V. in das Projekt „Editha 3.0“ ermöglichte es, die Rand- und Rahmenbedingungen entsprechend der Paragraphen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zu definieren und das Gesamtkonzept für die Verwendung von Radnabenmotoren zu erstellen. Hierbei waren insbesondere die fahrwerksseitigen konstruktiven Eingriffe und Veränderungen abzustimmen. Nach einer durchgeführten Datenanalyse der fahrzeugeigenen Systeme erfolgter der Rückbau des verbrennungsmotorischen Komponenten und der Start der Umrüstung durch die Integration der Komponenten des elektrischen Antriebs sowie die Anpassung der Kabelbäume.

Die Funktionsfähigkeit der implementierten Komponenten des elektrischen Antriebs wurde zum einen während der Integration eigenständig für sich getestet, zum anderen im Zusammenspiel mit der vom IAF erarbeiteten Fahrzeugsteuerung. Hierbei wurde ein Stufenplan verfolgt, welcher vorsah, zuerst die Inbetriebnahme des Niedervolt-Systems durchzuführen, anschließend die elektrische Sicherheit des Hochvolt-System zu prüfen und folgend in Betrieb zu nehmen. Die folgenden Arbeiten an Editha 3.0 befassen sich mit der Feinprogrammierung der Fahrzeugsteuerung, so dass sowohl der Fahrbetrieb als auch das Zusammenspiel des elektrischen Antriebs und der fahrzeugeigenen Regelsystemen ermöglicht wird.

Durch die konsequente Anwendung eines modularen Aufbaus bei der Umrüstung konnten die Kernpunkte für die konstruktive Gestaltung und produktionstechnische Umsetzung extrahiert werden. Dabei wurden Bauteile bzw. Baugruppen identifiziert, welche das weitere Forschungspotenzial für eine Komponentenentwicklung widerspiegeln. Gerade bei dem vom IAF fokussierten Konzept der dezentralen Antriebsarchitektur muss die Energie im Fahrzeug dezentral bereitgestellt werden. Für einen modularen Aufbau von Elektrofahrzeugen werden dann vor allem die HV-Steckverbindungssysteme und die HV-Leistungsverteilung essentiell. Der Markt bietet hier wenige skalierbare Standardkomponenten oder diese befinden sich noch im Konzeptstatus, so dass konzeptionell und konstruktiv passende Lösungen durch das Editha-Team entwickelt wurden.

bild2         Abbildung 2: Unteres Batteriemodul geöffnet

bild3          Abbildung 3: Eingepasste Batteriemodule

bild4         Abbildung 4: Mechanische Einpassung der Antriebskomponenten

bild6         Abbildung 5: Fertiges mechanischen Funktionsmuster

Weitere Arbeiten

Die Ergebnisse der Arbeiten im Rahmen des Vorprojekts „Editha 3.0“ fließen in die Konzeption des folgenden automobilen Funktionsmuster innerhalb des Verbundprojektes CoMo III ein. Die Grundlegende Systemarchitektur von „Editha 3.0“ und der Überblick über die zur Verfügung stehenden Komponenten kann durch eine Adaption auf weitere Fahrzeugkonzepte übertragen werden. Derzeit befinden sich verschiedene Varianten - u.a. die Umsetzung eines Twin-Drive-Logistikfahrzeug - in der Diskussion.

Ansprechpartner: Dipl.-Ing. Gerd Wagenhaus (Leitung) / Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stefan Lüdecke


 

ComoIII  "COmpetence in MObility" wird gefördert von:

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