Wissenschaftlicher Newsticker Mai 2017

Fachbuch zum Multi-Disciplinary Engineering erschienen

mulit_disc_engineering_buchMai 2017 Mit dem neu erschienen Buch „Multi-Disciplinary Engineering for Cyber-Physical Produktion Systems“ ist eine vom IAF in Kooperation mit Kollegen der TU Wien gestaltete Analyse des aktuellen Standes der Technik zum modellbasierten Entwurf technischer Systeme verfügbar, die aufzeigt, welche grundlegenden Fragestellungen sich im Entwurf von Produkten und Produktionssystemen mit Blick auf die Nutzung von Beschreibungsmitteln und Modellen an die beteiligten Ingenieure stellen, welche Lösungen bereits existieren und wo für weitere Forschungen Fragen offen bleiben.

Technische Systeme in der Produktion und darüber hinaus werden immer komplexer. Entsprechend wird ihr Entwurfsprozess immer umfänglicher und bedeutender im Lebenszyklus dieser technischen Systeme. Dies wirkt sich auf die Qualität und die Kosten der entsprechenden Entwurfsprozesse aus.

Für Produktionssysteme kommt erschwerend hinzu, dass diese sich auf drei technische Systeme stützen: das Produktionssystem selbst, das in ihm zu produzierende Produkt und die im Produktionssystem verwendeten Produktionstechnologien. Jeder dieser drei Bausteine hat einen eigenen Lebenszyklus und eigene Entwurfsmethoden. Jedoch sind sie nicht unabhängig voneinander, sondern - wie in Abbildung 1 dargestellt - definieren sie wechselseitig zu erfüllende Anforderungen oder setzen zu beachtende Rahmenbedingungen.

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Abbildung 1: Zusammenhänge zwischen Produkt, Produktionssystem und Produktionstechnologie

Als ein in Mittel, um diesem Problem entsprechend begegnen zu können, haben sich in den letzten Jahren modellbasierte Entwurfsverfahren umfassend etabliert. Diese gehen davon aus, dass Eigenschaften der zu entwerfenden Systeme (einschließlich Konstruktion und Verhalten) mittels Softwarewerkzeugen auf Modellbasis beschrieben werden, die dann später als Vorlage zur Realisierung in der Praxis dienen sollen. Dabei werden von den beteiligten Ingenieuren unterschiedlicher Disziplinen die verschiedensten Werkzeuge und Modelle verwendet.

Mit der zunehmen Anwendung cyber-physikalischer Systeme (CPS) wird dieses Problem weiter vertieft. Diese Systemklasse ist aus Entwurfssicht durch eine verstärkte Verzahnung der beteiligten Disziplinen und damit der entstehenden / genutzten Modelle gekennzeichnet.

Mit dem neu erschienen Buch „Multi-Disciplinary Engineering for Cyber-Physical Produktion Systems“ ist nun eine vom IAF in Kooperation mit Kollegen der TU Wien gestaltete Analyse des aktuellen Standes der Technik zum modellbasierten Entwurf technischer Systeme verfügbar. Dazu gliedert sich das Buch in drei große Teile, die sich mit den Themenfeldern Produktentwurf, Produktionssystementwurf und Informationsmodellierung und Integration beschäftigen.

Aus Sicht des IAF sind die folgenden Inhalte des Buches besonders hervor zu heben, da sie einen Teil der Ergebnisse der aktuellen Forschung am IAF widerspiegeln.

Im ersten Kapitel des Buches werden von den drei Editoren des Buches (Stefan Biffl TU Wien; Detlef Gerhard, TU Wien und Arndt Lüder IAF) sieben grundlegende Forschungsfragen aufgeworfen, die in den nachfolgenden Kapitel betrachtet werden sollen. Sie betrachten insbesondere die Problemfelder der Modellierung, der Informationsweitergabe und der spezifischen Anforderungen von CPS. Für alle diese Forschungsfragen wird am Ende des Buches hinterfragt, inwieweit die Forschungsfragen als gelöst angesehen werden können und welche weiteren Forschungsschritte sinnvoll erscheinen.

In den Kapiteln 5, 6 und 7 wird die Frage aufgeworfen, welche wiederverwendbaren Artefakte in Produktionssystemen identifizierbar sein können, welche Informationen entlang des Lebenszyklus des Produktionssystems diesen zugeordnet werden können, wie diese informationstechnisch abgebildet / modelliert werden können und wie man sie letztlich in praktischen Anwendungen diese identifizieren kann. Entstanden sind dabei zum einen eine detaillierte Beschreibung von neun unterscheidbaren Ebenen der Komponentenhierarchie eines Produktionssystems und zum anderen die in Abbildung 2 skizzierte Abbildung der Relevanz dieser Ebenen für den Lebenszyklus eines Produktionssystems auf Basis der für dies Komponentenebene in der entsprechenden Phase relevanten Informationsmengen bzw. Artefakte.

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Abbildung 2: Artefakt-basierte Zuordnung von Produktionssystemkomponenten zu Produktionssystemlebensphasen

Das Kapitel 8 diskutiert die Frage der sich ändernden Steuerungsarchitekturen für Produktionssysteme. Wie könnten sich die Steuerungsarchitekturen in Folge wachsender Anforderungen an Flexibilität und Anpassbarkeit sowie der zunehmenden Nutzung von CPS verändern? Wie können Migrationswege von der aktuellen klassischen Automatisierungspyramide hin zu neuartigen Steuerungsarchitekturen aussehen? Antworten dazu, die von verschiedenen Forschungsprojekten skizziert wurden, werden hier zusammengestellt.

Als drittes beschäftigt sich das Kapitel 10 mit der Frage des durchgängigen Informationsflusses im Engineering von Produktionssystemen. Hier steht die Frage im Vordergrund, welchen Wert ein standardisierter Datenaustausch besitzen kann und wie eine entsprechende Standardisierung erfolgen sollte. Letztlich wird die Frage beantwortet, wie AutomationML als eines der am IAF betriebenen Themenfelder im Kontext des standardisierten Datenaustausches für das Engineering von Produktionssystemen positioniert ist.

Auch die anderen Kapitel des Buches, die sich zum Beispiel mit der Entwicklung von PLM Systemen oder der Modellqualität von Entwurfsmodellen beschäftigen sind lesenswert, so dass das Buch durchaus als Empfehlung zum Weiterlesen und Weiterdenken gesehen werden sollte.

Ansprechpartner: apl. Prof. Dr.-Ing. habil. Arndt Lüder


Letzte Änderung: 20.04.2022 - Ansprechpartner: Webmaster