Entwicklungen im Bereich digitaler Zwillinge

Digitale Zwillinge entlang des gesamten Anlagenlebenszyklus

Digitalisierungsprojekte für Produktionssysteme sind „hipp“. Diesen Eindruck kann man sehr schnell gewinnen, wenn man sich ein wenig tiefer mit den Themenstellungen im Umfeld der Industrie 4.0 beschäftigt. Digitalisierung wird immer wieder als „Allheilmittel“ für die Problemstellungen hinsichtlich der notwendigen Effektivität, Effizienz, Flexibilität (und den anderen *ities) gepriesen. Nur finden sich in der industriellen Anwendung lediglich einige Leuchtturmprojekte, eine flächendeckende Anwendung scheint noch in weiter Ferne. Warum ist das so?

Diese Fragestellung war einer der Ausgangspunkte für die in 2024 beendete Dissertation von Frau Dr.-Ing. Carmen Listl. Vor dem Hintergrund der ersten Phase des Anlagenlebenszyklus von Produktionssystemen hat sie sich mit der Ableitung einer ganzheitlichen Transformationsstrategie zur Realisierung von Datendurchgängigkeit im Anlagenentstehungsprozess beschäftigt und damit eine ganzheitliche Methode für die digitale Transformation im Engineering technischer Systeme geschaffen.

 

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Die Ergebnisse dieser Dissertation wenden wir derzeit im Rahmen des ATAautoWorkflow Projektes an. Ziel dieses, von Kevin Hansch maßgeblich getriebenen, Projektes ist die Automatisierung des Managements von Entwurf und Fertigungsplanung für große technische Konstruktionen im Stahlbau für einen mittelständisches Unternehmen in Sachsen-Anhalt. Dabei wird auf Basis der Produkt-Prozess-Ressource-Modellierungsmethode (PPR) untersucht, wie die schrittweise Erstellung sowie Ausführung von Vertriebsdokumenten und Fertigungsplänen auf Basis einer Detailkonstruktion automatisiert erfolgen kann und wie ein Datenökosystem für diesen Anwendungsfall gestaltet und in die Anwendung gebracht werden kann. Einen wichtigen Baustein bilden dabei die verwendeten Informationsmodelle, die wir auf Basis von, gemäß PPR strukturierten, Produktzwillingen gestalten

Im PMV4Analytics Projekt blicken wir auf Digitalisierungsprojekte zur Anlagenlaufzeit. Hier geht es um die Frage, wie die „richtigen“ Informationen zur Verbesserung des Qualitätsmanagements in der Produktion identifiziert und angewendet werden können. Auf Basis verschiedener Use Cases entstand unter Federführung von David Hoffmann das Conceptual design with Products, Processes and Resources Vorgehen (CD-PPR), eine Anpassung der ICDM an Produktionssysteme unter Nutzung der PPR Modellierungsmethode. Sie ermöglicht die schrittweise Identifikation und Dokumentation der Informationsquellen in einem Produktionssystem, die für eine Qualitätsanalyse betrachtet werden sollten.

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Ebenfalls mit Digitalisierungsprojekten beschäftigt sich das DIAMOND Projekt. Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung einer Informationslogistik für den verlustfreien Austausch von Engineeringdaten entlang des Anlagenlebenszyklus von Produktionssystemen der Automobilindustrie. Unter Leitung von Paula Hünecke arbeiten wir hier insbesondere an der adaptiven nutzerzentrierten Informationsmodellierung, die eine Umsetzung von anpassbaren Strukturen zur Datentransformation, Datenaggregation und Datenauswahl ermöglichen und stark Bezug auf die Struktur der Industrie 4.0 Verwaltungsschale nimmt. Im Ergebnis unserer Arbeiten im Projekt entstehen derzeit Standardisierungsdokumente für den AutomationML e.V. und die IDTA, die grundlegende Teilmodelle mit Blick auf einzelne wichtige Ingenieursdisziplinen für die Nutzung in adaptiven Informationslogistiken standardisieren.

 

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Apropos Digitalisierungsprojekte. In fast allen werden Referenzarchitekturen für Produktionssysteme angenommen und verwendet, in denen die Hierarchie, der Lebenszyklus und die Abstraktionsschichten der Produktionssysteme klassifiziert werden. Dabei fallen häufig die Begriffe RAMI 4.0, IIRA, RFLP, ISA 95 und viele andere. In einer gemeinsamen Arbeit haben sich aktuelle Doktoranden am PSA gemeinsam mit Doktoranden der TU Wien und der Hochschule Salzburg mal das Themenfeld genauer angesehen und versucht einen vereinheitlichten Blick darauf zu gestalten. Im Ergebnis entstand mit der Veröffentlichung „Rolling the Dice – Rethinking the RAMI 4.0 Perspectives“ eine Betrachtung von Referenzarchitekturalternativen, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile besitzen und damit spezifische Anwendungsfälle für Digitalisierungsprojekte adressieren können. Eine dieser Referenzarchitekturalternativen, die RAMICS (Reference Architecture Model for Industrial Control Systems), zielt dabei explizit auf die Entwicklung von Steuerungssystemen ab und wird einen wichtigen Baustein bei unserer weiteren Arbeit bilden.

 

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Produktionssyteme und -automatisierung

 

Letzte Änderung: 06.12.2024 - Ansprechpartner: Webmaster